Heute haben wir im Bundestag in einer mehrstündigen Debatte erneut über die Sterbehilfe diskutiert und eine Entscheidung über die zukünftigen rechtlichen Rahmenbedingungen der Beihilfe zum Suizid getroffen.

Wir haben uns lange und intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt, schon vor einem Jahr mit öffentlichen Anhörungen und Expertengesprächen die Diskussion eröffnet. Im Februar dieses Jahres habe ich in Lüneburg eine Veranstaltung zum Thema Sterbehilfe organisiert und mit Bürgerinnen und Bürgern, Ärzten und ehrenamtlichen Sterbebegleitern das Für und Wider der Beihilfe zum Suizid diskutiert. Es geht darum, die Selbstbestimmung des Einzelnen als auch den Schutz des Lebens in möglichst gute Balance zu bringen.

Ich habe heute für den Antrag Brand/Griese/Vogler gestimmt (Entwurf in der Anlage) und damit für einen Gesetzesentwurf, der die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung verbietet. Ich bin nach Abwägung der Argumente davon überzeugt, dass dieser Gesetzesentwurf am wenigsten in die bestehende Rechtslage eingreift. Das Strafrecht soll auch künftig zur Assistenz einer Selbsttötung schweigen, wenn sie selbstverantwortet wird, und das unabhängig davon, ob ein Arzt oder eine andere Person, zum Beispiel ein Angehöriger, bei der Selbsttötung assistiert. Der Entwurf formuliert nur eine einzige neue Beschränkung: die geschäftsmäßige Suizidbeihilfe, also durch Unternehmen, die, wie in Belgien, die Beihilfe zum Suizid als Geschäftsmodell anbieten. Das soll in Deutschland verboten sein. Es ist weiterhin gewährleistet, dass ein behandelnder Arzt eine Gewissensentscheidung treffen kann und seinem schwer leidenden Patienten hilft, einen für ihn nicht mehr erträglichen Leidenszustand zu beenden. Die Behauptung, durch die Regelung würden Ärzte kriminalisiert, wurde durch Sachverständige und jüngst die Bundesärztekammer zurückgewiesen. Sie hat den Gesetzesentwurf auf „Herz und Nieren“ geprüft und sieht keine Gefahr der Kriminalisierung der Ärzteschaft.

Warum ist es wichtig, die geschäftsmäßige Suizidbeihilfe zu verbieten? Weil Suizidbeihilfe keine Dienstleistung ist. Die Erfahrungen in europäischen Nachbarländern legen nahe, dass ein geschäftsmäßiges Angebot zu Beihilfe der Selbsttötung auch Nachfrage erzeugt. Sie erhöht das Risiko, dass sie auch von solchen Personen in Anspruch genommen wird, die sich nicht frei verantwortlich für eine Selbsttötung entschieden haben. Suizidbeihilfe darf nicht zur gesellschaftlichen Normalität gehören! Denn das könnte dazu führen, so die Bedenken, dass alte und kranke Menschen sich gedrängt fühlen könnten, ein solches Angebot anzunehmen oder sich rechtfertigen müssen, warum sie von einem solchen Angebot keinen Gebrauch machen.

Bevor wir über Sterbehilfe abgestimmt haben, ging es einen Tag vorher im Plenum um Verbesserungen im Palliativ- und Hospizbereich. Das gehört unweigerlich zum Thema dazu, denn die meisten Menschen wollen bei unerträglichem Leid nicht zu allererst professionelle Suizidhilfe in Anspruch nehmen, sondern vielmehr sicherstellen, dass ihr Leid gelindert und nicht ungewollt durch „Übertherapierung“, etwa durch moderne Apparatemedizin, verlängert wird. Sie wünschen sich die Sicherheit, die letzte Lebenszeit möglichst ohne Schmerzen, aber menschlich begleitet und gut umsorgt, zu verbringen. Hier haben wir am Donnerstag wichtige Verbesserungen beschlossen.

Mit solidarischen Grüßen
Deine und Ihre

Hiltrud Lotze

Im Anhang findet ihr den Gesetzentwurf als PDF zum Download.